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Alzheimer-News 03/2021

Hier wieder Neues aus der Alzheimer-Welt bzw. Neues aus der Alzheimer-Forschung. Dies ist wieder Neues aus der Neurologie und Neues für Karlsruhe.

  • Ein gutes Buch?
    Daniel Gibbs und Teresa H. Barker: A Tattoo on my BrainA Neurologist´s Personal Battle against Alzheimer´s Disease (2021) ist eine berührende Erzählung, wie ein Neurologe bei sich selbst die Diagnose Alzheimer mit dem bekannten genetischer Risikotyp APOE4/4 überraschend feststellen musste, nachdem er jahrelang Riechstörungen bemerkte, aber dies lange nicht beachtete. Sein Credo, das sich fast mantrahaft durch viele Kapitel des Buches zieht, ist sein Aufruf, jetzt etwas zur Vorbeugung und Prävention der Alzheimer-Krankheit zu tun, bevor es zu spät ist. Wir werden auch die nächsten 10 Jahre kaum ein Medikament erfinden werden, das die Krankheit heilen wird. Er selbst behandelte über Jahrzehnte Alzheimer-Patienten und versteht worüber er auch betreffend des aktuellen Forschungsstandes spricht. Zudem beschreibt er als Teilnehmer einer Studie, die zur Zulassung des 1. Medikamentes in den USA führte, Adacanumab (Aduhelm), seine Erfahrungen mit diesem Medikament, bzw. seine erheblichen Nebenwirkungen, genannt ARIA: (s.mein Blog), die ihn zu einem Notfall mit Krankenhausbehandlung auf einer Überwachungsstation bei Verwirrtheit machte. Der Titel seines Buchs „Tattoo“ meint hier kleinste Eisenablagerungen als Folge von kleinen Einblutungen in seinem Gehirn als Folge der Nebenwirkungen (ARIA), die in einer kernspintomografischen Untersuchung lebenslang erkennbar bleiben. Ein sehr lesbares Buch in jeder Hinsicht, hoffentlich wird es übersetzt.
  • Eine Diät gegen Alzheimer?
    Es bereits bekannt, dass Ernährung, z.B. mediterane Diät, für Gesundheit und das Gehirn von größter Wichtigkeit ist und das Alzheimer-Risiko mindern kann. Ob jedoch eine ketogene Diät, eine Ernährung, die in der Behandlung von Kindern mit schwer medikamentös zu kontrollierender Anfallskrankheit bereits seit 100 Jahren bekannt und etabliert ist, ebenfalls hilfreich ist, ging diese Studie erstmals nach. Die eigentlichen genauen biochemischen Hintergründe, warum diese Diät hilft, ist jedoch noch nicht richtig verstanden. Man geht jedoch davon aus, dass es den Energiehaushalt der Nervenzellen eingreift und bessert. Ein grundlegender ursächlicher Mechanismus für die Alzheimer-Krankheit ist ein gestörter Energiehaushalt, weswegen die Therorie ist, dass dies mit dieser Diät therapiert werden könnte. In der Studie wurde mit einem aufwendigen Studienprotokoll (randomisiertes crossover-trial über 12 Wochen) nachgegangen, und untersucht, ob mit dieser Diät sich Hirnleistungen, alltägliche Fähigkeiten des Lebens oder Lebensqualität ändern. Verglichen wurde mit einer üblichen als „gesund“ angeratenen Diät im Sinne „Low-Fat“-Regeln. Nach 12-wöchiger Diät wurden mit einer Rückkehr zur ursprünglichen Ernährungsweise die Gruppen im Vorgehen dann getauscht. Insgesamt konnten 26 Patienten eingeschlossen werden. Während der ketogenen Dät wurde diese sichergestellt indem die physiologische Ketosis als Zielparameter regelmäßig gemessen (12-Wochen-Mittel von Beta-Hydroxybutyrate: 0.95±0.34 mmol/L) wurde. Uberraschend die Ergebnisse; Patienten unter der ketogenen Diät verbesserten ihre alltäglichen Fähigkeiten im Vergleich zur anderen Gruppe gemäß ADCS-ADL (+3.13±5.01 Pkt., P=0.0067) und zudem besserte sich auch Lebensqualität (QOL-AD: +3.37±6.86 Pkt., P=0.023) und sehr staunlich: sogar die Hirnleistungen besserten sich, wenngleich statistisch nicht significant (ACE-III: +2.12±8.70 Pkt., P=0.24), während die Vergleichgsgruppe keine Änderungen zeigte. Diese erstmalige Studie mit guten biomathematischen Design konnte folglich erstaunlicherweise in nur 3 Monaten ohne besondere Nebenwirkungen im Vergleich zu üblich empfohlender gesunder „ausgewogener“ Ernährung bemerkenswerte Besserungen in den Fähigkeiten des täglichen Lebens und der Lebensqualität bewirken, zwei Lebensaspekte, die subjektiv für Patienten von hoher Bedeutung sind. Was wäre wohl das Ergebnis gewesen, wenn die Therapie ein halbes oder sogar ein Jahr durchgeführt worden wäre? In einem Interview bedauerte der Hauptinitiator dies, jedoch sei dies oranisatorisch und finanziell nicht möglich gewesen. Deutlich wurde jedoch auch, es benötigt einen erfahrenen Arzt, der die ketogene Diät als Therapie begleitet.
  • Sind frühe Demenz-Krankheiten häufiger?
    Die meisten Studien beziehen sich bei Therapien oder Studien auf die spät im Leben beginnende Alzheimer (Late Onset Alzheimer Disease=LOAD) und andere Late-Onset-Dementias (=LOD). In der hier vorgestellten Studie, der größten Metanalayse von 74 Studien, weitgehend nur Kaukasier/Weiße, wurde die Datenlage betreff früher Demenz (Alter 30-64 Jahre/Young-Onset-Dementia=YOD genannt) zusammengefasst. Es wurden zudem die Ursachen „Early-Onset-Alzheimer Disease“ (=EOAD), vaskuläre (=VD) und Frontotemporale Demenz (=FTD) verglichen. Insgesamt lag die Zahl der Betroffenen mit YOD 119 pro 100.000 mehr als doppelt so hoch wie bisher angenommen, in Europa sogar noch höher mit 159 per 100,000, wahrscheinlich weil wir eine durchschnittlich ältere Gesellschaft sind. Frauen und Männer waren ohne Unterschied. Nicht überraschend war, dass EOAD die häufigste Ursache war, mehr als doppelt so oft wie VD, aber deutlich weniger ist war die FTD. Letzteres überraschte erneut. Man war bisher von einem höherem Anteil ausgegangen. Entscheidend ist hierbei, so geben die Autoren zu bedenken, dass Alzheimer und vaskuläre Demenz mit klaren Biomarkern positiv zu diagnostizieren sind, bei der FTD dies bisher nicht sicher möglich ist. Zudem machen diese Zahlen klar, dass es im klinischen Alltag nur selten rechtzeitig zu dieser Diagnosestellung kommt. Am häufigsten sind familiär-genetisch bestätigte Fälle, deswegen werden andere Ursachen oft übersehen, da diese – wie die Autoren zurecht betonen – sich meist im Bild einer Depression oder eines Burn-Out-Syndroms verstecken können (s.a. meinen Blog). Aus diesem Grunde sollten diese Krankheitsbilder im Alter zwischen 40 bis 55 Jahren zur sicheren Ursachenklärung immer einem Neurologen oder Psychiater vorgestellt werden, weil die Diagnose einer demenziellen Entwicklung natürlich erhebliche psychosoziale Folgen für Betroffene und ihre Angehörigen nach sich zieht.
  • Wer sollte das neue Medikament Aducanumab erhalten?
    Die überraschende Zulassung der FDA in den USA am 07.06.2021 von Aducanumab (Aduhelm) bewirkte eine anhaltend heftige, sehr gespaltene wissenschaftliche, aber auch sozialpolitische Reaktion, da die Wirksamkeit des Medikamentes gemäß der Zulassungsstudien nicht bewiesen wurde und sich zudem nicht unwesentliche Nebenwirkungen ereigneten. Die Aufregung ist sicherlich auch deswegen verständlich, weil der Preis des Medikamentes weit über angenommene Prognosen und Wirtschaftlichkeitsberechnungen hinausgeht (s. meinen Blog). Jetzt wurden aber Empfehlungen einer Experten-Runde vorgestellt, bei welchen diagnostischen Kriterien und wie genau im Ablauf (Indikationsdiagnostik, Dosis-Schema und Kontrolldiagnostik während der Therapie) das Medikament eingesetzt werden sollte. Diese Empfehlungen lassen erkennen, dass der Einsatz wohl einzig von Spezialisten bzw. Spezialambulanzen bzw. Alzheimer-Kliniken geleistet werden kann. Man darf auf die europäische Zulassungsentscheidung gespannt warten. Ein Gutes bewirkte die Zulassung sicherlich: das Thema Alzheimer ist mehr in der öffentlichen Diskussion – in den USA, aber leider aber (noch) nicht bei uns. Meiner persönlichen Einschätzung nach könnte das Medikament durchaus eine Hilfe sein NACHDEM die zugrunde liegenden Ursachen (s. Blog) ausreichend behandelt und der Stoffwechsel „optimiert“ wurden.

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