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Die Zukunft: Alzheimer-Demenz verhindern!

Eine hoffnungsvolle Botschaft des weltbekannten Alzheimer-Zentrum Amsterdam: In absehbarer Zukunft können wir die Alzheimer-Krankheit stoppen bevor sich eine Demenz entwickelt.

Neues aus der Alzheimerforschung: Die oben genannte Überschrift eines bemerkenswerten Artikels von einer der renommiertesten, angesehensten und führenden Alzheimer-Forschungsgruppen, dem Alzheimer-Centrum Amsterdam, Niederlande, bringt es auf den Punkt: Wir werden in absehbarer Zukunft die Alzheimer-Krankheit rechtzeitig stoppen können, bevor es zu einer schwerwiegenden Hirnleistungsstörungen kommt, die eine Demenz, also personelle Unterstützung zur Bewältigung des täglichen Lebens, bedeutet.

Um dies jedoch zu erreichen, so der bemerkenswerte und weit vorausschauende Artikel, wird es einer personalisierten Medizin bedürfen, die eine auf jeden Patienten spezifische, gezielte Diagnostik benötigt, die eine genaue Risikovorausberechnung erlaubt und folgend eine personalisierte Prävention bereits im frühen Stadium ermöglicht. Die Zukunft dieser gezielten und holistischen Präventionsstrategie muss mehrere Komponenten umfassen, eine Kombination von allen Maßnahmen zur gezielten Krankheitsmodifizierung und zudem spezifische Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensstils.

Es ist eine der wichtigsten gesundheitspolitischen und medizinischen Aufgaben den rasch zunehmenden Demenz-Erkrankungszahlen entgegenzuwirken. Weltweit leiden aktuell bereits mehr als 300 Millionen Menschen an Alzheimer im präklinischen, also noch symptomlosen Stadium. Die Prävention ist im großen Stil strukturell in den nationalen Gesundheitsdiensten umzusetzen und benötigt eine breite öffentliche Beteiligung und Kampagne. Gesundheit durch Prävention erhalten muss in den Mittelpunkt gestellt werden. Dies ist die Zukunft der personalisierten Medizin, in der jeder Patient „seine“ Therapie erhält, um erfolgreich zu sein.

Aktueller wissenschaftlicher Stand ist, dass die Krankheitsprozesse der Alzheimer-Krankheit bereits mehr 20 Jahre vor dem Einsetzen von Hirnleistungsstörungen manifest sind. Dies bedeutet ein langes zeitliches Fenster, um wirksame Präventionsmaßnahmen rechtzeitig zu ergreifen. Diese müssen auf das persönliche Risikoprofil, die Präferenzen des jeweiligen Patienten, das Stadium der Krankheit und das zeitliche Fortschreiten der Beschwerden und an alle Begleiterkrankungen angepasst sein.

Die World Health Organisation (WHO) veröffentlichte bereits in 2017 einen „Global Action Plan„. Dieser beschreibt ausführlich welche Präventionsmaßnahmen, medikamentöse und nicht-medikamentöse, alle wirksam sind und auf nationaler Gesundheitsebene umfassend zu ergreifen sind. Hierbei ist der Fokus auf Risikoreduktion und Vorbeugung der zentrale Leitgedanke.

In den USA sind bereits zwei Medikamente gegen das sich im Gehirn ablagernde ß-Amyloid für die frühe Alzheimer-Krankheit, wenn bereits erste Hirnleistungsstörungen aufgetreten sind, zugelassen. Das dritte Medikament Adenacumab wurde inzwischen vom Hersteller vom Markt zurückgezogen.
Die Mittel heißen Lecanemab (Leqembi) und Donanemab (Kisunla). Es ist zu erwarten, dass weitere dazu kommen. Lecanemab wurde nach Zögern im November 2024 in der EMA zur Zulassung empfohlen. Nun müssen deutsche Behörden dies in 2025 erst noch mit Behandlungsrichtlinien umsetzen. Ein Antrag für Donanemab ist in der Berabeitung und wird wahrscheinlich in diesem Jahr folgen. Wer genau diese Medikamente erhalten soll, ist noch in der Diskussion. Jedoch muss es, soweit ist die Datenlage klar, ein früher Behandlungszeitpunkt in der Krankheit sein. Zudem muss wohl zuvor der APOE-Gentypus bestimmt werden. Eine Behandlung im späten Krankheitsstadium, wenn schwere Hirnleistungsstörungen (=Demenz) bereits vorliegen, wiegt die Risiken von Nebenwirkungen nicht mit den Vorteilen auf.

Es wird einen erheblichen medizinisch-organisatorischen und ärztlichen Aufwand in Zukunft bedeuten, die passenden Patienten auszuwählen. Aber, diese Medikamente werden nicht genügen, um wirklich eine bemerkbare Besserung zu erreichen, da die o.g. Medikamente nur ein leichtes Bremsen der weiteren Verschlechterung bewirken. Aktuelle klinische Studien untersuchen weitere 143 Medikamente, um die Krankheit zu bessern. Diese Medikamente zielen nicht nur auf das ß-Amyloid, sondern auch auf das Tau, das andere sich im Hirn ablagernde Eiweiß, auf Entzündungsprozesse oder synaptische Plastizität. Es wird in Zukunft ein Portfolio von Behandlungsoptionen im präklinischen, also nicht-symptomatischen Zustand des Krankheitsverlaufes geben. Hierbei spielen Alzheimer-Risikogene, insbesondere der APOE-Genotyp, eine wichtige Rolle. Es wird in Zukunft eine umfassende genetische Untersuchung brauchen, um auch das genetische Gesamtrisiko zu berechnen, denn es gibt Gene, die die Demenzentwicklung – das ist die gute Nachricht – auch bremsen (z.B. KLOTHO) oder verhindern können.

Es ist inzwischen unbestritten, dass Lebensstilveränderungen mindestens 45% der Demenzkranken verhindern könnten, wenn 14 bekannte Risikofaktoren adäquat frühzeitig im Leben beginnend angegangen würden. Diese Risikofaktoren variieren über die Lebensspanne von frühem kindlichem Alter, über das mittlere Erwachsenenalter bis ins hohe Alter. Deswegen sind die Maßnahmen gezielt und vor allem personalisiert einzusetzen ratsam.

Die große finnische Präventionsstudie FINGER bewies in einem multimodularen Behandlungsverfahren die Wirksamkeit: Patienten besserten ihre Hirnleistungen bemerkenswert. Inzwischen gibt es ein weltweites Netzwerk (World Wide FINGERS), um diese Präventionserfolge in verschiedenen Ländern zu wiederholen. Wir dürfen auf weitere Ergebnisse gespannt sein. Leider war eine deutsche Studie erfolglos, aber dies lag aus meiner Sicht am mangelhaften Studiendesign, was vorab bei Expertise in neurologischer Rehabilitation erkennbar gewesen wäre, was sehr schade ist.

Es erfordert jedoch eine öffentliche Beteiligung, um Präventionsmaßnahmen in einem breiten Maße umzusetzen und anzubieten. In den Niederlanden wurde deswegen eine öffentliche Initiative gestartet: ABOARD ist eine Gesundheitskampagne, die alle niederländlichen Bürger erreichen soll, um das Risiko der Alzheimer-Krankheit zu bestimmen und sich frühzeitig an einem Präventionskonzept beteiligen zu können. Hierbei geht es um die Vermittlung der wissenschaftlichen Erkenntisse für eine breite Anwendung in der Gesellschaft. Warum geht das nicht auch in Deutschland? Aber nein, das interessiert unseren aktuellen „Oberprofessor“ und „Ober“-Gesundheitsminister nicht, oder haben Sie ihn jemals zu Alzheimer etwas Wichtiges sagen gehört?

Eine frühzeitige Diagnose durch einfache Hirnleistungstests kann helfen. Es benötigt jedoch weitere diagnostische Kriterien durch umfassende Hirnleistungsuntersuchungen und molekulare Biomarker, ob im Nervenwasser oder jetzt neu auch im Blut, um die Alzheimer-Krankheit zu diagnostizieren.

Sicherlich werden digitale Anwendungen eine zunehmende Rolle spielen. Hirnleistungstestung und Fragebögen können auch online und am Computer zur Diagnosestellung helfen. Bereits jetzt gibt es Apps, die rezeptiert werden können (z.B. NEOTIV) und zur Diagnostik beitragen. Diese digitalen Anwendungen sind bisher nur wenig in Gebrauch, werden aber zwingend in der Zukunft bei fehlendem Personal zum Einsatz kommen. Hierfür bedarf es ein Hinführen der Menschen. Mit den Ergebnissen der diagnostischen Untersuchungen kann ein individuelles Risikomodell erstellt werden. Hierbei spielen natürlich auch andere Krankheiten, kardiovaskuläre Faktoren und Lebensstil eine Rolle.

Einfach gesprochen: Menschen ohne Hirnleistungsstörungen, die jedoch positiv betreff der Biomarker ß-Amyloid und p-Tau sind, haben eine 50%ige Wahrscheinlichkeit, dass dies fortschreitet und über kurze Zeit zu leichten Hirnleistungsstörungen und weiter bis zur Demenz führt. Insofern sind ethische Aspekte von großer Bedeutung. Wie ist damit umzugehen, wenn Alzheimer-Biomarker vorliegen aber keine aktuelle Beschwerden bestehen? Darf diese Information zurückgehalten werden oder müssen Sie der/dem Betroffenen mitgeteilt werden, um über sein eigenes Krankheitsrisiko Bescheid zu wissen? Dies erfordert einen höchst individuellen fachärztlichen Beratungsprozess, der Zeit in Anspruch nimmt.

Wir sind an einem Wissensstand angelangt, an dem die Antwort „Man kann Nichts machen.“ völlig falsch ist. Die Krankheit, insbesondere im frühen, aber auch leichten Symptomstadium, kann behandelt werden. Gezielte Präventionsmaßnahmen stehen jedoch im Mittelpunkt der individuellen und einer nationalen Gesundheitsstrategie. Hierbei erfordert es, den Menschen Informationen anzubieten, dass sie bei den Entscheidungen der Krankheitsprävention und Behandlung eine persönliche Wahl, „Shared Decision“, treffen können.

Mein Kommentar zu diesem bemerkenswerten Artikel kann nur lauten: Endlich! Genau diese Behandlungsstrategie versuche ich Ihnen, meinen Patienten, bereits seit 2017, dem Beginn meine Arbeit in meiner Praxis und in meinen Alzheimer-Vorträgen zu vermitteln. Insofern freut es mich, dass jetzt ein renommiertes Alzheimer-Zentrum dafür plädiert. Deswegen war es enttäuschend, als ein kürzlicher Artikel der deutschen universitären Gedächtnisambulanzen sich auf Probleme der Diagnostik und die neue medikamentöse Behandlung fokussierte und – mal wieder – Präventionsstrategien weitgehend ignorierte. Dies führte zu meinem Leserbrief an das Deutsche Ärzteblatt, der überraschenderweise veröffentlicht wurde: Es braucht wie in Holland eine öffentliche Gesundheitskampagne zur Prävention der Alzheimer-Demenz.

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