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Lebenselixier Schlaf

Gesunder Schlaf macht uns zufriedener, weniger hungrig und führt dazu, dass der Körper mehr Energie verbraucht. Das ist Neues aus der Neurologie und Neues für Karlsruhe. Lesen Sie doch einfach weiter!

Ist dies nicht ein bemerkenswertes Forschungsergebnis? Eigentlich wissen wir dies doch eigentlich schon lange intuitiv: Gesunder Schlaf – was dies genau meint, folgt später – ist Fundament eines gesunden, zufriedenen und langen Lebens. Jeder kennt in seiner Familie Ältere, die uns exakt dies vorgelebt haben und bestätigen. Erstaunlicherweise verkürzte sich innerhalb von nur zwei Generationen in der westlichen Welt der durchschnittliche Schlaf Erwachsener pro Nacht um eineinhalb Stunden von 8 auf 6,5 Stunden. Dies erschreckende Ergebnis ist bereits bei Kindern und – am eklatantesten – bei Jugendlichen, deren Schlaf eine physlogisch begründete Verschiebung zu späteren Einschlafzeiten hat, nachweisbar. Ein Schulbeginn, wie üblich um 8 Uhr oder sogar früher, ist aus gesundheitlicher Sicht völlig falsch, da es das junge Gehirn und den Organismus belastet und jegliche Krankheiten, z.B. Aufmerksamkeitsdefizit-Störungen oder Hyperaktivität, fördern. Da ist es kein Wunder, dass ADHS bei Kindern und Jugendlichen drastisch zugenommen hat und weiter ansteigt. Wir handeln leider wider besseres Wissen.

Zudem ist die biologische Parallelisierung von Wachheit mit Aktivität und Essen bei hellem Tageslicht und Dunkelheit mit Stille, Ruhe und Fasten in unserer modernen, “licht- und geräuschverschmutzten” Welt weitgehend zerstört. Dies geht ebenfalls mit dramatischen Folgen für unsere Gesundheit einher. In Tiermodellen lassen sich in der Netzhaut des Auges krankhafte Verletzungen bereits nach wenigen Tagen Lichtbeflutung nach “kaltem” LED-Licht (kurzwelliges blaues Licht) erkennen. Wir benötigen aber täglich natürliches Tageslicht, um unsere innere Uhr, unsere “Master-Clock-Gene”, im Gehirn tageszeitlich zu justieren, auch damit Stoffwechselprozesse im gesamten Organismus optimal zum Tagesverlauf über die 24 Stunden passend, orchestriert, arbeiten. Dies und Vieles mehr ist phantastisch beschrieben im Buch “Chasing the Sun” von Linda Geddes (2019).

Bei allen Tieren ist eine genaue tageszeitlich Rhythmik genetisch fixiert angelegt, die alle Stoffwechselprozesse tageszeitlich adäquat ausrichtet. Leider sind wir die einzige Spezies, die sich weltweit inzwischen zu anhaltendem Schlafmangel seit nun mehr als zwei Generationen erzieht. Wir schädigen damit bereits unsere Kinder wider besseres Wissen. Einfach gesagt: Je kürzer man schläft, desto kürzer ist das Leben des Menschen. Es gibt nur in seltenen Fällen Ausnahmen für Schlafmangel im gesamten Tierreich. So z.B., wenn eine Walmutter fern der Herde ihr Kind zur Welt bringt und dann mit dem Neugeborenen zurück zur heimatlichen Herde schwimmt. Sie bleibt während dieses mehrtägigen Rückweges immer wach, um ihr Kind zu versorgen und zu schützen. Diese erhöhte Aufmerksamkeit auch in der Nacht für Kinder kennen wir auch bei Menschen; wer Kinder hat, weiß was dies bedeutet.

Es wird physiologisch zwischen leichtem Schlaf, Tiefschlaf (Non-REM=NREM) und Traumschlaf (REM) unterschieden. Wir benötigen als gesunden Schlaf REM- und Non-REM-Schlafphasen, jedoch in der richtigen Abfolge. Unser Schlaf besitzt eine Abfolge von mehreren Zyklen mit etwa 1½ Stunden, wobei in der ersten Hälfte des Schlafes vorwiegend ein Bedarf an Tiefschlaf vorhanden ist, in der zweiten Hälfte nimmt die Dominanz von Traumschlaf zu. In Schlafuntersuchungen wird eben diese “Schlafarchitektur” als ein wichtiger Parameter eines gesunden Schlafes gemessen und beurteilt, denn nicht alleine die Dauer (Quantität), sondern auch die Qualität des Schlafes, beurteilt anhand dieser Schlafzyklen und Architektur, ist von entscheidender Bedeutung. Diese wunderbare neurophysiologische Komplexität kann und wird keine Schlaftablette herstellen können. Schlafmedikamente aber sind dennoch manchmal notwendige “Krücken”, die erst nah eine Schlafhygieneberatung zum Einsatz kommen sollten. Prinzipiell sollte man aber hiervon möglichst Abstand halten.

Die Schlafphasen und Wachheit werden durch eine feine Orchestrierung spezifischer Regionen des Gehirn und durch wichtigste Botenstoffe (=Neurotransmitter) je nach Phase in unterschiedlicher Zusammensetzung, bewirkt. Beteiligt sind Norepinenphrine, Acetylcholin, Serotinin, Histamin, Dopamin, GABA (Gamma-Aminobuttersäure) und Orexin (Hypocretin). Die herstellenden Nervenzellengruppen (=Nuclei) sind manchmal sehr klein, z.B. für Orexin nur 70-90.000 Neurone im sogenannten lateralen Hypothalamus, eines der ältesten Bereiche unserers Gehirn, das wir mit allen Säugetieren teilen. Diese Nervenzellen können aber beim Absterben drastische Folgen hervorrufen. Z.B. kommt es bei Narkolepsie zu einem plötzlichem Schlaf, quasi aus heiterem Himmel, bei der Erkrankte infolge des schlafbedingten Muskeltonusverlust stürzen (Kataplexie) können, denn der normalerweise stabile “Wachheit/Schlaf-Schalter”, den diese Nervenzellen bewirken, ist zerstört.

Wir sollten gesunden Schlaf gesellschaftlich fördern und ihn nicht als etwas Störendes in der täglichen Arbeit oder als eine lästige Pflicht betrachten. Diese Sicht ist wider unsere Biologie, aber leider über mehr als 2000 Jahre Tradition, und bewirkt dramatische gesundheitliche Folgen. Alle Prominenten, die bisher ihren geringen Schlaf als eine vermeintliche persönliche Stärke betonten, litten im Alter an Demenz, z.B. Margaret Thatcher oder Ronald Reagan. Gesunder Schlaf macht attraktiver, besser gelaunt und kreativer, bessert das Gedächtnis und sozial bindungsfreudiger. Kreative Menschen, z.B. Oscar Wilde, Thomas Mann oder Albert Einstein, huldigten dem Schlaf, auch da er ihnen wegweisende Ideen gab.

Die entscheidende Funktion des Schlafes zur Gesunderhaltung des Gehirns verdeutlicht sich durch die Erkenntnis, dass Schlafstörungen das Risiko für Hirnleistungsstörungen und die Entwicklung einer Demenz verdoppelt. Von allen Lebenstilfaktoren, die Alzheimer mit verursachen, scheint chronisch schlechter Schlaf wohl der entscheidenste krankmachende Faktor zu sein. Wenn Sie nicht nur lange Leben wollen, sondern lange gesund leben wollen, dann ist guter Schlaf auf jeden Fall anzustreben.

Ursachen hierfür sind vor allem zwei biologische Prozesse: Schlechter Schlaf führt über den Verlust von Schlafphasen zu einer Anreicherung von schädigenden Eiweißprodukten (Beta-Amyloid und Tau) im Gehirn. Diese Stoffwechselprodukte werden nicht mehr genügend durch einen nächtlichen Reinigungsprozess aus dem Gehirn abtransportiert. Wir benötigen diese tägliche “Müllabfuhr”. Dies Recycling geschieht während ausreichendem Tiefschlaf (Non-REM). Bereits nur eine schlaflose Nacht verursacht bei gesunden jungen Menschen, dass dieses schädigende Einweisprodukt, das Beta-Amyloid, im Gehirn nachweislich ansteigt.

Untersuchungen mit Mäusen zeigten, dass diese nächtliche Reinigung über das sogenannte “glymphatische System” in einer Seitlagerung wohl besser funktioniert als auf dem Rücken liegend. Eine Vergleichsuntersuchung zwischen 70jährigen Gesunden und Patienten mit neurodegenerativen Krankheiten (Alzheimer, Lewy Body Demenz, Parkinson) bestätigte dies. Letztere schliefen einen deutlich längeren Anteil (30,3% vs. 51,7%) in der ungünstigeren Rückenlage.

Der Zusammenhang von Schlafstörung mit Demenz ist aber auch beidseitig fördernd, denn eine dementielle Entwicklung führt seinerseits zu Schlafstörungen. Oft treten Durchschlafstörungen, eine Schlafzerstörung in mehrere kleine Teile (“Schlaffragmentation), aber auch nächtliche Verwirrtheiten oder eine Tag-Nacht-Rhythmusumkehr auf. Dies ist, je länger es andauert und je ausgeprägter, je schwerer zu behandeln. Hier benötigt man meist Medikamente, die zwar wirksam sind, aber oft erhebliche Risiken bergen. Die oft als Langzeitmedikation verschriebenen Benzodiazepine gehen mit einem deutlich erhöhten Risiko (um 78%) für die Entwicklung einer Demenz einher. Diese sind deswegen keine ratsame Therapie.

Der Glaube, dass Ältere weniger Schlaf brauchen, ist ein Mythos! Richtig ist jedoch, dass der Anteil des Tiefschlafes abnimmt und die Neigung wieder früher zu Bett zu gehen zunimmt, der Schlaf ist gestört. Dennoch sollten auch Ältere einen regelhaft erholsamen, gesunden 7 bis 9 Stunden-Schlaf anstreben. Sicherlich, es gibt genetische Unterschiede, die “Nacht-Eulen” oder “Lerchen” unterscheiden, aber eine ehrliche Antwort, ob man sich morgens wirklich erholt fühlt, lässt machmal die subjektive Einschätzung zu. Viele entgegengesetzte Stellungnahmen deklarieren Alter per se als Krankheit. In den als Begründung angeführten Studien werden jedoch regelhaft nicht-symptomatische Menschen, die bereits erkrankte Hirne haben eingeschlossen, weswegen die Ergebnisse verfälscht sind. Z.B. ist bei der Alzheimer-Krankheit vor ersten Symptomen bereits über mehr als 20 Jahre das toxisch abgelagerte Beta-Amyloid nachweisbar. Deren Aussagen basieren folglich auf bereits erkrankten Gehirnen, die in den Studien nicht korrekt, sondern falsch, als “normal”, oder “altersentsprechend” bezeichnet werden. Da wird mit Kranken dann oft eine Nicht-Krankheit – “Sie haben nichts!” – im Fehlschluß begründet.

Leider spielen gesellschaftliche Zwänge eine erhebliche Rolle bei der globalen Zunahme der Entwicklung von Schlafstörungen, dies ist insbesondere durch längere abendliche Arbeitszeiten (“social jet-lag”) bei künstlicher Lichtbeflutung geschuldet. Zudem: bereits geringes Licht (60 W=100 Lux) während dem Schlaf nach schon einer Nacht verringert nachweislich die Herz- und Stoffwechselerholung und setzt uns mit Aktivierung des Sympathikus, dem “Kampf-oder-Flucht-Modus”, in einen Stress-Schlaf.  

Inzwischen erreichen zwei Drittel der Erwachsenen in den entwickelten Ländern keinen erholsamen Schlaf von empfohlener 7-8 Stunden-Dauer. Schlafmangel schädigt im Gehirn die verletztbarsten Regionen zu allererst. Diese sind im mittleren Stirnhirn angesiedelt und sind zudem zur Orchestrierung unseres Schlafes zuständig. Es sind Regionen, die zuletzt, erst im dritten Lebensjahrzehnt ausreifen, aber als erste bei Stoffwechselstörungen auch infolge Schlafmangel zu schrumpfen beginnen. Es sind Hirnregionen, die vor allem für Unterteilsfähigkeit, Entscheidungsfindung, Realitätsprüfung oder Überwachungsfunktionen zuständig sind. Chronischer Schlafmangel und ungesundes Leben fördert deswegen die psychische Anfälligkeit für Populisten, wie es z.B. die USA oder andere Staaten offenbaren.

Interessant ist zudem, dass nicht unser üblicher monophasischer Schlafrhythmus, Schlafen an einem Stück in der Nacht, sondern wohl ein biphasischer, zweigeteilter, Schlaf biologisch eher verankert ist. Kulturen, die noch in präindustrieller Gesellschaftform ursprünglicher leben, zeigen zwar im Winter, wie wir, den monophasischen Schlaf, im Sommer aber einen zweigeteilten, ähnlich der “Siesta” als Mittagsschlaf in Mittelmeerländern.

Ebenfalls benötigen wir einen gesunden Schlaf, um zu Lernen und lernfähig für Neues zu bleiben. Die Forschung ist unzweideutig: Je nachdem wieviel Schlaf man hatte, nur 4, 5 oder 6 statt 8 Stunden, zeigen sich abhängig je nach Schlafmangel Beeinträchtigungen im Lernen von Neuem am Folgetag und dem Erinnern von Gelerntem vom Vortag. Nur eine schlechte Nacht vermindert demzufolge Lernen und Gedächtnis von zwei Tagen.

Der geflügelte Satz unserer Großeltern: “Schlaf doch erst mal eine Nacht drüber!” besitzt, wie viele Lebensweisen, ein korrektes neurobiologisches Fundament. Schlaf ist die beste und die einfachste Methode, Gefühlsaufwallungen zu mindern. Eine Entscheidung im Affektschub ist nicht selten unrichtig. Der gesunde Schlaf fördert demgemäß richtige Entscheidungen. Ja, gesunder Schlaf ist unsere beste Medizin – die Beste, die wir kennen!

Auch wissen wir inzwischen, dass gesunder Schlaf unser Immunsystem stärkt. Für Ältere ist bekannt, dass die Wirksamkeit einer Impfung nach schlechtem Schlaf deutlich geringer ist. Sie sollten folglich vor Ihrer nächsten Impfung gezielt mehrere Tage für einen gesunden Schlaf sorgen, sonst könnte die kommende Sars-Co-V2-Impfung versagen.

Unser Leben ist voll mit angenehmen Genussstoffen, die Einfluss auf unseren Schlaf haben, der Bekannteste ist das Koffein. Eine normale Kaffeedosis bereits 6 Stunden vor dem Bettgehen führt zu einer erheblichen Reduktion von Schlafzeit (ca. 40 Minuten) und Schlafqualität. Probieren Sie es aus, was mit Ihrem Schlaf geschieht, wenn Sie einmal nur eine Woche auf alles Koffeinhaltiges verzichten. Im Übrigen ist Alkohol selbstverständlich kein Schlafmittel, sondern ein Schlafzerstörer.

Eine fachärztlich neurologische Beurteilung, ob Sie einen gesunden Schlaf haben, ist manchmal zu untersuchen notwendig, sie umfasst die Faktoren: Regelhaftig- und Regelmäßigkeit, Kontinuität, Schlaf-Qualität und -Quantität, Herzfrequenzverlauf und -ratenvariabilität u.a.. Unser Schlaf sollte uns “heilig” im usprünglichsten Sinne des Wortes sein. Deswegen unser Angebot zu einer Schlafberatung mit einer 7 Tage-Schlafanalyse, was eine sehr wirksame Methode ist, oft ohne dass Medikamente erforderlich sind.

Dies und Vieles mehr, worüber ich hier schreibe, können Sie z.B. im Buch von Matthew Walker lesen.

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