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Es folgen weitere wichtige Erkenntnisse, warum der Schlaf unterschätztes Fundament unserer Gesundheit ist. Eine Besserung des Schlafes ist für Alle wichtig: sofort wirksam, umsonst und ohne Nebenwirkungen!
Gemäß epidemiologischen Untersuchungen können wir davon ausgehen, dass mehr als die Hälfte aller Menschen in der westlichen Welt an Schlafstörungen leiden, die oft bereits chronisch sind und im Anfangsstadium und bei leichten Beeinträchtigungen am Folgetag wenig beachtet werden, zumal geringer Schlaf immer noch der Mythos hoher Leistungsfähigkeit – das Gegenteil ist der Fall – umgibt. Zudem: mit dem Altern nimmt die Schlafdauer ab, insbesondere der Tiefschlaf (NREM-Schlafstadium 4) um etwa 50% im Vergleich von Zwanzig- zu Siebzigjährigen. Dies wurde – ebenfalls unrichtig – lange als normal betrachtet. Inzwischen ist klar, dass dies Zeichen von beginnenden Krankheiten oder einem Nervenzellabbau im Gehirn und erstes Symptom einer neurodegenerativen Krankheit, z.B. Alzheimer, sein kann. Menschen, die über 100 Jahre alt werden, haben typischerweise bis ins höchste Lebensalter einen guten Schlaf von etwa 8 Stunden. So empfehlen nunmehr alle schlafmedizinischen Fachgesellschaften für das gesamte erwachsene Leben eine Schlafdauer zwischen 7 bis 9 Stunden. Ja, nicht nur zu wenig, sondern auch zu viel Schlaf ist ungesund.
Erst seit etwa zehn Jahren ist das sogenannte glymphatische Gefäßsystem im Gehirn bekannt, von dem wir inzwischen wissen, dass es für die Reinigung und den Abfluss der täglich angereicherten Stoffwechselabbauprodukte im Gehirn sorgt. Der sich über den Tag entwickelnde Schlafdruck kann mit der Zunahme dieser Stoffe paralellisiert werden. Das Bemerkenswerte ist, dass während dieses Reinigungsprozesses über weite Entfernungen im Gehirn eine koordinierte Nervenaktitivität, quasi wie in einem großen symphonischen Orchester, stattfindet. Dies bedeutet im Vergleich, dass die elektronischen Netzwerke zwischen New York, Tokiyo und Paris koordiniert funktionieren müssen, dass dies wirksam erfolgen kann. Diese erstaunliche Rhythmisierung findet einzig und allein nur im Tiefschlaf statt. In einem Hirnstrombild (EEG) kann dies anhand sehr großer und langsamer Hirnwellen, sogenannter Delta-Aktivität, während des Non-REM-Schlafstadium 4, erkannt werden, was neueste Studienergebnisse belegen. Umgekehrt kann folglich das Fehlen dieser langsamen Hirnwellen während des Schlafes anzeigen, dass diese Reinigung nicht adäquat durchgeführt wird.
Eine der weiteren Hauptfunktionen von Schlaf ist das Herunter- oder Hochregulieren von Synapsen, der Kontaktstellen zum Informationsaustausch zwischen Nervenzellen. Es erfolgt ein ständiger nächtlicher Auf- und Abbau des Nervengewebes – genannt: „synaptic pruning“. Man könnte auch an einen ständigen Recyclingskreislauf denken, weswegen gesunder Stoffwechsel mit lebenswichtigen Eiweißen und Fettsäuren so wichtig ist. Die Synapsen werden als Folge des Lernens vom Tage und den gespeicherten Informationen im Kurzzeitgedächtnis während des Schlafes durch eine sogenannte Absicherung (Konsolidation), man könnte auch neudeutsch „up-date“, vom Hippokampus, wo das am Tage Gelerntes zunächst zwischengespeichert wird, in das Langzeitgedächtnis in andere Hirnregionen übertragen und gestärkt – im Sinne eines neuroplastischen Aufbaus. Es werden selektiv spezifische Gedächtnisspuren, man könnte sagen Gedächtnisthemen strukturell, d.h. in den dazugehörigen Netzwerken im Gehirn verstärkt – Stichwort: „What fires together wires together!“ Hierbei ist zu unterscheiden, dass Faktengelerntes (deklaratives Gedächtnis) in der ersten Hälfte des Schlafes im Tiefschlaf (NON-REM Schlafstadium 4) erfolgt während motorisch Gelerntes (prozedurales Gedächtnis) in der zweiten Hälfte, ja vor allem im letzten Viertel des Schlafes (NON-REM-Schlafstadium 2) abgespeichert wird. Daraus folgt, dass z.B. Hochleistungssportler oder Musiker vor allem guten und langen Schlaf zur Verbesserung ihrer Leistungsfähigkeit benötigen, was deutlich wirksamer ist als mehr zu Trainieren. Noch überraschender: neu eingeübte Ablaufe, die am Tag des Lernens einfach nicht besser wurden klappen plötzlich flüssig am nächsten Tag: der Schlaf bewirkte eine erstaunliche Zunahme motorischer Fähigkeiten; jeder Musiker kennt dies.
Außerdem wird Unwichtigeres, also auch nicht genutzte Gedächtnisinhalten und Erinnerungen, abgebaut und somit mehr vergessen. Dies kennt Jeder gut von Fremdsprachen, die nicht mehr praktiziert werden. Aber, die meisten täglichen Erfahrungen werden gar nicht abgespeichert, sondern verworfen, weil unser Gehirn zum Ergebnis kommt, dass dies in der Zukunft zur besseren Anpassungen in der Umwelt keine Rolle spielt. Vergessen von Tagesinformationen ist insofern genauso fundamental für die Fähigkeit des Gehirnes, um am Folgetag wieder Neues lernen zu können. Es muss quasi wieder Platz geschaffen werden für neue Lerninhalte. Ein guter Schlaf setzt das Gehirn erst in die Lage überhaupt Neues lernen zu können. Diese Theorie, genannt „synaptic homeostasis hypothesis“, besagt, dass Lerninhalte des Tages zunächst im Kurzzeitgedächtnis im Schläfenlappen des Gehirnes zwischengespeichert bevor diese nachts über die Verstärkung der themenspezifischen Synapsen und Nervenzellnetzwerke ins Langzeitgedächtnis überführt und abgesichert werden. Erst dort kann das komplexe, umfassende Verstehen von Welt und Ich, man könnte von Weisheit sprechen, zunehmen. Dies belegt DIE grundlegende Notwendigkeit des Schlafes zur Erhaltung von Hirngesundheit, Hirnleistungen und Anpassungsfähigkeit im Leben.
Die moderne Schlafmedizin beurteilt einen guten Schlaf anhand von vier Faktoren: Menge (Quantity), Güte (Quality), Regelmäßigkeit (Regularity) und Zeitwahl (Timing). Man spricht von der QQRT-Regel.
1. Menge ist die eigentliche Schlafdauer, also die wirkliche „Netto-Schlafdauer“, nicht die Bettliegezeit. Diese Schlafeigenschaft ist es, die der Laie gerne und einzig in der Beurteilung als einen guten Schlaf betrachtet. Dies erlebe ich häufig, wenn auf Fragen zum Schlaf geantwortet wird: „Aber ich schlafe doch 8 Stunden!“. Die maßgeblichen schlafmedizinischen Fachgesellschaften empfehlen im Erwachsenenalter 7 bis 9 Stunden Schlafdauer. Die noch vor wenigen Jahren als „normal“ genannte Abnahme des Schlafes im Alter stellte sich als falsch heraus, denn hier wurden kranke Menschen mit eingeschlossen. Wir wissen inzwischen gut, dass die neurodegenerativen Erkrankungen, wie Alzheimer- oder Parkinson-Krankheit, typischerweise zu einer Reduktion des Schlafes führen ohne dass diese Krankheiten anderweitig symptomatisch sind. Menschen die besonders alt werden, genannt Centenarians und Supercentenarians, also Menschen über einhundert Lebensjahre, haben typischerweise regelhaft in ihrem gesamten Leben eine gesunde Schlafdauer von durchschnittlich 8 Stunden.
2. Die Beurteilung der Güte des Schlafes betrachtet die Schlafarchitektur und genauer die Zeiten für Tiefschlaf (Non-REM-Schlaf) und den Traumschlaf (REM-Schlaf=rapid eye movement, bedeutet typische horizontale Augenbewegungen) in der richtigen Abfolge. Ein guter Schlaf anhand dieses Kriterium bedeutet auch, dass die ersten 2 Schlafzyklen vor allem lange Phasen von Non-REM-Tiefschlaf beinalten, während im weiteren Verlauf des Schlafes die Dominanz von Traum-Schlaf (REM) zunimmt. Insbesondere von Bedeutung ist, dass wir im Schlaf mehrere Abfolgen, zu Beginn vom Wachsein, im weiteren vom leichten Schlaf zum Tiefschlaf und wieder zu leichtem Schlaf zu Traumschlaf in einer bestimmten Charakteristik haben.
3. Regelmäßigkeit betrachtet, ob die Schlafzeiten zu immer den gleichen Tageszeiten bzw. Nachtzeiten erfolgt. Sehr häufig wechselt die Zeit des ins Bett gehen und das Aufstehen morgens aufgrund unterschiedlicher persönlicher aber auch beruflicher Anforderungen. Genau diesen ständigen Wechsel von immer anderen Bett- und Schlafzeiten bedingen eine Beeinträchtigung letztlich der Güte eines Schlafes. Da je nach Zeitpunkt des Zubettgehens teils entweder der Tief- oder der Traumschlaf oder auch die Schlafarchitektur an sich mit häufigerem Erwachen als Folge diesen ständigen Wechsels beeinträchtigt ist.
4. In Beurteilung der Zeitwahl ist zunächst von besonderer Bedeutung das Wissen um den eigenen „Chrono-Typus“, also das, was landläufig als „Eulen oder Lerchen“ bezeichnet wird. Eulen sind Menschen, die gerne spät Aufstehen und lange am Abend bis in die Nacht wach und aktiv sind, während andererseits Lerchen früh zu Bett gehen und auch früh am Morgen aufstehen, um ihren besten Aktivzeitpunkt am Morgen zu nutzen. Die Schlafmedizin unterscheidet inzwischen fünf verschiedene Chrono-Typen: Morgen-Typ, moderater Morgen-Typ, Neutral Typ, moderater Abend-Typ und Abend-Typ, wobei dies eine angeborenene Eigenschaft ist. Je nachdem welcher Typus man ist, sind die Bett- bzw. Schlafenzeiten passend zum eigenen Chronorhythmus zu legen, je nachdem mit der Einschlafzeit zwischen etwa 21 Uhr und 1 Uhr. Unser modernes Leben mit einem Arbeitsbeginn für die meisten Menschen um 8 Uhr, auch der Schulbeginn für Kinder, beeinträchtigt somit typischerweise mehr als die Hälfte der Menschen mit einem hierzu nicht passenden Chrono-Typus. Z.B. wäre es für Menschen mit Abendtypus gesundheitlich angezeigt einen Arbeitsbeginn gegen 9:30 Uhr oder erst 10 Uhr zu haben. Für Jugendliche wäre sogar ein Schulbeginn erst um 10 Uhr gesundheitlich sinnvoll.
Zusammenfassend erfordert somit ein guter Schlaf die Beachtung all dieser QQRT-Kriterien.