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Spuren der Neurorehabilitation: Teil 1 – Heinrich Frenkel und Otfrid Foerster

Die moderne Neurorehabilitation besitzt eine spannende Entstehungsgeschichte. Hier lesen Sie den ersten Teil meines umfangreichen Berichtes.

Die Spuren der Neurorehabilitation führen zum Ursprung der Übungstherapie, die in Heiden/CH am Bodensee – auch heute noch ein Höhen-Kurort was der Reise wert ist mit einem phantastischen Blick über den Bodensee – ihren Anfang erlebte. Heiden war im 19. Jahrhundert quasi ein St. Moritz mit weltweitem Zulauf Wohlhabender für Molkekuren. Heinrich Simon Frenkel, ein aufmerksamer Nervenarzt, bemerkte eines Tages in seiner Sprechstunde überaschend die völlig ungewöhnliche Verbesserung einer sogenannten “tabischen” Gangstörung bei einem seiner Patienten, der an fortgeschrittener Lues/Syphilis litt. Er erfuhr auf Nachfragen, dass dieser bestimmte Bewegungen intensivst mehrere Wochen geübt hatte, weil ihm die Ungeschicklichkeiten der Erstuntersuchung peinlich gewesen waren. Frenkel darf somit als „Pionier der Neurorehabilitation“ in der Moderne gelten. Er begründete die Ausarbeitung bewegungsspezifischer Therapieprogramme in seiner Klinik, die im Prinzip heutigen neurorehabilitativen Behandlungen ähneln, z. B. nach einem Schlaganfall, einem Schädel-Hirn-Trauma, bei Parkinson oder Multipler Sklerose. Aktuell beteilige ich mich an einer Doktorarbeit der Universität München (unter Leitung Prof. Adrian Danek, LMU München) über Frenkel.

Carl Wernicke, der Breslauer Entdecker der nach ihm benannten Wernicke-Aphasie, schickte seinen jungen Assistenten, Otfrid Foerster, 1898 nach Paris – zu den großen französischen Neurologen Joseph Dejérine, Pierre Marié und Joseph Babinski – und zu Frenkel nach Heiden. Und als Foerster zurück nach Breslau kam, sagte Wernicke über ihn: „Ich habe jetzt einen Assistenten, der macht die Lahmen gehend und die Blinden sehend!“ Foerster bildete sich selbst vom klinisch forschenden Neurologen zum Neurochirurgen aus nachdem ihn die Ergebnisse seiner neurochirurgischen Kollegen enttäuscht hatten. Seine eigenen Operationsegebnisse überraschten die Fachwelt oft. Sie sind m. E. auch auf postoperative frührehabilitative Therapie zurückzuführen, die er in Heiden ja gelernt hatte, damals ein Novum.

Die großen amerikanischen Epilepsie-Chirurgen (Penfield, Bucy, Bailey u. a.) besuchten Foerster in Breslau und führten seine grundlegenden Arbeiten in den USA fort. Foerster war für lebendige Diskussionsrunden bei Kaffee, Abendessen, Wein und Bier in seinem Haus bekannt. Weniger bekannt ist, dass er 1922 Lenin nach seinen Schlaganfällen über eineinhalb Jahre in Moskau betreute, was ihm später die Nationalsozialisten ankreideten. Sein gemeinsam mit Oswald Bumke verfasstes 18-bändiges „Handbuch der Neurologie“ ist ein Monument seines Arbeitseifers. In Band 8 formuliert er die meiner Kenntnis nach erste umfassende Beschreibung der wichtigsten Anwendungsmethoden der Rehabilitation, was wir heute „Physikalische Medizin“ nennen: Dort nennt er neben „Pharmakotherapie“, „Übungstherapie“, „Elektrotherapie“, „Hydrotherapie“, „Balneo- und Klimatherapie“ auch „Psychotherapie“.

Foerster ist in meinen Augen ein „Gigant“ der Neurologie, auch weil seine Darstellungen – infolge umfangreicher Kenntnis von Literatur, Musik und Kunst – lyrisch waren und er gerne Goethe-Zitate einflocht. Bei Foerster lernte in den 1920er-Jahren ein weiterer bemerkenswerter Arzt: der spätere Begründer der „Behinderten Olympiade“, Sir Ludwig Gutmann, der 1939 nach England emigrierte.

Mehr dazu lesen Sie im nächsten Monat.

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