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Alzheimer: Stand der Schulmedizin 01/2022

Ein Online-Kongress am 23.02. zum aktuellen Stand der Alzheimer-Forschung führte die „Crème de la Crème“ deutscher klinischer Forscher zusammen.

Das „Auguste“-Symposion, veranstaltet von der Firma Eisai, trug diesen Namen zu Ehren der ersten Alzheimer-Patientin Auguste Deter. Ihr Mann brachte die erst 51jährige mit einem Eifersuchtswahn 1901 in die Frankfurter Irrenanstalt, wo Alois Alzheimer sie sehr ausführlich untersuchte. Als sie wenige Jahre später starb konnte er ihr Gehirn untersuchen und legte mit Beschreibung der Plaques und Fibrillen das Fundament dieser Krankheit, die deswegen später nach ihm benannt wurde.

In professioneller Art wurden die folgend zusammengefassten Vorträge von Prof. Fröhlich (Mannheim) und Prof. Schulz (Aachen) moderiert.

  1. Prof. F. Jessen (Köln) erläuterte die aktuelle Alzheimer-Krankheitseinteilung, da wir wissen, dass das Gehirn wahrscheinlich mehr als 20 Jahre bereits krank ist, bevor Menschen erste Symptome beklagen. Man teilt die Alzheimer-Krankheit in verschiedene Phase ein: 1. eine asymptomatische, bescherdefreie mit den typischen Hirnablagerungen, 2. eine Phase mit subjektiven HIrnleistungsstörungen, die aber kein krankhaftes Niveau erreichen, 3. gefolgt der symptomatoschen Phase mit „leichten kognitiven Störungen“, also Beeinträchtigungen von objektivierbarer Stärke; und 4. in „schwere Hirnleistungsstörungen“, bedeutet: Demenz, dies heißt wiederum, tägliches Leben, die Selbstversorgung ist ohne fremde Hilfe nicht mehr möglich. Hier unterscheidet man die Demenz in ein leichtes, moderates oder schweres Stadium. In der klinischen Untersuchung ist es von großer Bedeutungen die verschiedenen Hirnleistungsbereiche (Domänen) zu unterscheiden: Sprache, Gedächtnis, Orientierung und visell-räumliche Fähigkeiten, exekutive Funktionen, Aufmerksamkeit und Affektivität. Da bisher alle Forschungen erfolglos keine Besserung einer Demenz ergaben fokkussieeren sich die in Deutschland auf das frühe Stadium mit subjektiven Beschwerden, da hier die Hoffnung höher ist das Fortschreiten der Krankheit zu bremse. Seit mehreren Jahren läuft im deitschen Netzwerk der Gedächtnisambulanzen eine große Multizenter-Studie (DELCODE), die inzwischen klar belegen konnte, dass diese Menschen bei nachweisbaren Alzheimer-Biomarkern ein rascheres Fortschreiten des Abbaus der  Hirnleistungen zeigen im Vergelich zu Menschen ohne die typsichen Alzheimer-Biomarker.
  2. Prof. J. Wiltfang (Göttingen) erläuterte, dass zwar lange als „Goldstandard“ der Alzheimer-Diagnostik die Nervenwasseruntersuchung gilt, wir aber inzwischen per PET diese auch gut nachweisen können. Da diese Untersuchungen aber teuer sind und die Krankenkassen diese bisher selten bezahlen ging die Biomarkerforschung mit großer Anstrenung daran diese im Blut zu beweisen. Es konnten inwischen Methoden entwickelt werden, die ß-Amyloid und phophoryliertes Tau im Blut nachweisen könnem. Er erläuterte, dass die USA schon einern ersten Test zugelassen hat, es aber bereits spezifischere, neuere und absehbar auch preiswertere Methoden gibt. Gemessen werden das Verhältnis Amyloid 1-42/40, das pathologisch sinkt, oder der neueste Marker ß-Amyloid-3-42. Für das phosphorylierte Tau kennen wir pTau181, pTau 217 und pTau 243. Letzterwe sind deswegen besonders spannend weil die Werte eine gute Unterscheidung zu anderen Krankheiten mit Tau-Ablagerungen (Tauopathien, z.B. FTLD, CTE) ermöglichen. Verständlich euphorisch trug der Referent vor, dass seiner Ansicht nach es keine zwei Jahre mehr dauere, bis diese einfachen Methoden für den Gebrauch in der täglichen Routine den Arztpraxen zur Verfügung stehen werden.
  3. Bildgebungen in der Diagnostik des Gehirns wurden von Prof. K. Reetz (Aachen) dargestellt. Insbedondere zur Differentialdiagnostik ist diese von großer Bedeutung, da gut behandelbare Ursachen, z.B. Hirntumoten oder NPH, auszuschliessen sind. Es wird bei der Beurteilung von Hirnvolumeminderung eine Unterscheidung verschiedener Schweregrade per Augenscheinnahme vorgenommen, wobei verschiedene Hirnregionen einzeln zu betrachten sind. Ebenfalls werden gefäßbedingte (mikrovaskuläre) Störungen nach Fazekas unterteilt. Für den klinischen Alltag ist jedoch wichtig zu betonen, dass die bildgebenden Ergebnisse nicht mit den Hirnleistungen korrelieren müssen. Es ist nicht untypisch, dass trotz deutlicher Hirnatrophie keine Störungen (im ersten Beurteilen) erkennbar sind, aber auch sind Menschen ohne Hirnminderung bekannt, die  dennoch bereits hinfsbeduftige Demenz haben und tägliche Unterstützung benötigen. Die neueste Entwicklung den glymphatischen Reinigungsfluss darzustellen ist jedoch noch in experiementeller Entwicklungsphase, insofern ist auf eine entscheidene Neurung der Bildgebung zu warten.
  4. Die medikamentöse Therapie fasste Prof. O. Peters (Berlin) zusammen. Seit der Zulassung von Memantine in 2002 steht in der EU kein neues Medikament zur Verfügung. Memantine und Acetyhcholinesterasehemmer (AChEH) sind gleichwohl nur mäßig wirksam und verlangsamen den Krankheitsprozess gering. Dennoch sollte ein Absetzen sollte vermieden werden. Eine Kombination von AChEH mit Memantine kann in Einzelfällen hilfreich sein, die Datenlage zeigt jedoch keinen klaren Vorteil. Interessant waren die Ausführungen, dass bei Verwirrtheit, d.h. delirant aggitierte Symptomatik, neben hochpotenten Antipsychotika (z.B. Risperidon) auch mit SSRI (Selektive Serotonin Wiederaufnahmehemmer), z.B. Citalopram, erfolgreich behandelt werden kann. Große Hoffung setzt die Schulmedizin offensichtlich auf die neue Generation von ß-Amyloid-Antikörpern, wie das in USA in 06/2021 bereits zugelassene Adacanumab. In der EU wurde keine Zulassung gemäß EMA erteilt. Es kann sicher die abgelagerte Last von ß-Amyloid im Gehirn mindern, aber die Datenlage zeigt keine sichere Besserung der Hirnleistungen, allenfalls einen Trend zum Bremsen der Verschlechterung, was aber klinisch unbedeutend ist. Zudem belegen neue Daten, dass 55% der Behandelten mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen (ARIA) rechnen müssen. Der Referent führte aus, dass diese Entwicklung wohl zukünftig keine Monotherapie bedeuten würde, man sich „nun im Klaren“ sei, dass ß-Amyloid nur „ein Teil der Problematik“ sei. Bedauerlicherweise wurden nicht-medikamentöse Therapien stiefmütterlich in gerade einmal einem Satz abgetan. In einer Zusatzfrage zu diesen Therapien wurde zwar auf die Wirksamkeit von Lebensstilfaktoren hingewiesen, leider aber die Datenlage unrichtig ausgeführt. Zudem fehlte der Hinweis, dass im Unterschied zu den Medikamenten, die nur ein Bremsen der Verschlechterung bewirken, diese Therapien zu einer nachweisbaren Besserung (!) der Hirnleistungen führen können. Es konnten mehrere Studien gemäß einer WHO-Arbeitsgruppe bestätigen, dass ein multimodales=mehrgleisiges neurorehabilitatives Vorgehen besonders wirksam bessern kann. Der Schulmedizin war dies bedauerlicherweise – wie so oft – ungenügend bekannt, insofern fehlen dort dies bzgl. Therapieangebote.

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