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Kürzlich besuchte ich die Internationale Konferenz zu Alzheimer- und Parkinson in Wien, AD/PD 2025. Dies ist eine der weltweit wichtigsten Konferenzen zu den beiden Krankheiten, da Wissenschaftler dort nur unveröffentlichte Daten bzw. Studien vorstellen dürfen, es wird das Allerneueste präsentiert. Darüber hinaus gab es Überblicksvorträge des aktuellen Wissensstandes von einigen renommierten Forschern.
Parkinson: weiter kein Therapiedurchbruch!
Unverändert gibt es keinen Durchbruch die Therapie betreffend bei der Parkinson-Krankheit. Wir sind im Vergleich zu der Alzheimer-Krankheit mehr als 10 Jahre in der Therapieforschung zurück, was vor allem daran liegt, dass im Gegensatz zu Alzheimer nur ein Zehntel soviel Geld in die Erforschung gesteckt wird. Es wundert nicht. Zwar werden Krankheitsprozesse immer besser verstanden, aber dies in neue erfolgreiche Therapie zu übersetzen gelingt bisher (noch) nicht wirklich. Neue Antikörper-Studien gegen das Alpha-Synuclein (das sich im Hirn ablagernde schädigende Protein) scheiterten wieder einmal, so die aktuellsten Ergebnisse, die in Wien vorgetragen wurden. Nichtsdestototz ist es inzwischen gelungen, wie bei der Alzheimer-Krankheit, so nun auch die Parkinson-Krankheit, per Biomarker das sich anreichernde Alpha-Synuclein im Blut, der Haut oder per PET im Gehirn nachzuweisen. Dies ist ein großer Fortschritt, da die Diagnosestellung bisher auf der klinisch-neurologischen Befunderhebung basiert, wie es ja auch bei Alzheimer lange war. Diese Biomarker werden bald im ärztlichen Alltag zur Verfügung stehen, wodurch zudem die wichtige Abgrenzung zu den Atypischen Parkinson-Krankheiten besser gelingen wird.
Ich möchte drei Vorträge in Wien betreff der Alzheimer-Krankheit hervorheben:
1. Warum sind Frauen bei Alzheimer häufiger betroffen?
Frauen sind fast doppelt so häufig von Alzheimer-Krankheit betroffen wie Männer. Bekannt ist, dass hormonelle Prozesse in der Menopause eine Rolle spielen. Jetzt gibt es Hinweise darauf, dass sie im Vergleich zu Männern höhere Tau-Protein-Ablagerungen im Gehirn aufweisen, insbesondere bei erhöhter Beta-Amyloid-Last (Aβ). Eine Metaanalyse aus sechs großen Studien untersuchte den Zusammenhang zwischen Geschlecht, Beta-Amyloid-Last und Tau-Akkumulation. Dabei wurden Daten von insgesamt 1376 Teilnehmern analysiert, von denen 55% Frauen waren. Die Studien umfassten sowohl ältere Erwachsene mit als auch ohne Alzheimer und verwendeten moderne Bildgebungsverfahren wie Tau-PET-Scans und Aβ-PET-Scans, um die Veränderungen im Gehirn zu messen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen mit hoher Beta-Amyloid-Last schneller Tau-Protein akkumulieren als Männer. Diese beschleunigte Anreicherung war besonders in bestimmten Hirnregionen ausgeprägt, darunter der Schläfenlappen, passend zu den Gedächtnis- oder Sprachstörungen, oder im Hinterhauptbereich, was Orientierungsstörungen erklären kann. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass Frauen mit dem genetischen Risikofaktor APOEε4 zudem eine schnellere Tau-Anreicherung im Schläfenlappen aufwiesen. Dies deutet darauf hin, dass das weibliche Geschlecht nicht nur ein Risikofaktor für Alzheimer ist, sondern auch die Geschwindigkeit beeinflusst, mit der sich die Krankheit auf molekularer Ebene entwickelt.
Die Ergebnisse sind von großer Bedeutung für die Behandlung von Alzheimer. Sie legen nahe, dass geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Krankheitsentwicklung berücksichtigt werden sollten. Insbesondere könnte es sinnvoll sein, den Zeitpunkt für Anti-Beta-Amyloid- oder Anti-Tau-Therapien geschlechtsspezifisch anzupassen, um die Behandlung effektiver zu gestalten. Diese Erkenntnisse tragen dazu bei langfristig zu individuelleren und personalisierteren Therapien zu führen.
2. COVID ein Risiko für Alzheimer?
Eine neue Studie des Imperial College London zeigt, dass COVID-19-Infektionen mit einem erhöhten Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer in Verbindung stehen können. Die Forschenden analysierten Daten von 1.252 Teilnehmern der UK Biobank, die Blutproben sowohl vor als auch nach der Pandemie spendeten. Etwa die Hälfte der Probanden hatte eine COVID-19-Infektion durchgemacht, während die andere Hälfte als Kontrollgruppe diente.
Hauptbefunde der Studie sind, dass Veränderungen von Alzheimer-Biomarkern bei Personen, die COVID-19 hatten, sank das Verhältnis von Aβ42/40 im Blut stärker als bei den Kontrollpersonen. Dieser Rückgang entspricht etwa vier Jahren normaler Alterung. Besonders betroffen waren ältere Menschen oder solche mit bestehenden Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder dem APOEε4-Allel. Je schwerer die COVID-19-Erkrankung verlief, desto stärker waren die Veränderungen bei den krankhaften Biomarkern. Bei älteren und vulnerablen Personen stieg zudem der p-Tau181-Wert, ein weiterer Marker für Alzheimer.
Nach einer COVID-19-Infektion zeigten die Betroffenen schlechtere Ergebnisse in kognitiven Tests, was einem zusätzlichen Alterungsprozess von etwa zwei Jahren entspricht, der Hirnleistungsabbau verstärkte sich somit deutlich.
3. Demenz ist vermeidbar!
Eine sehr wichtige Erkenntnis gleich zu Beginn: Man schätzt, dass fast die Hälfte aller Demenzfälle (45%) mit Faktoren zusammenhängen, die wir maßgeblich beeinflussen können. Dazu gehören unser Lebensstil (Ernährung, Bewegung, geistige Aktivität), bestimmte Gesundheitswerte (wie Blutdruck und Blutzucker) und vielleicht auch Umweltfaktoren. Das ist eine gute Nachricht, denn es bedeutet, dass wir aktiv etwas tun können, um unser Risiko zu senken!
Wie erforscht man Vorbeugung? Um herauszufinden, was wirklich hilft, führen Forscher große wissenschaftliche Studien durch, sogenannte „randomisierte kontrollierte Studien“ (RCTs). Dabei wird eine Gruppe, die eine bestimmte Maßnahme erhält (z.B. ein Training oder ein Medikament), mit einer Kontrollgruppe verglichen, die diese Maßnahme nicht erhält.
Frühere Versuche (Fokus auf Einzelmaßnahmen): Zuerst hat man oft versucht, nur einen Risikofaktor zu beeinflussen, zum Beispiel nur den Blutdruck zu senken (wie in der SPRINT-MIND Studie). Das hat aber meist nur begrenzte Erfolge für die geistige Fitness gezeigt.
Der Durchbruch – Die FINGER-Studie 2014: Ein Meilenstein war die FINGER-Studie aus Finnland. Sie war die erste große Studie, die mehrere Therapiemaßnahmen gleichzeitig kombinierte:
Das Ergebnis war sehr ermutigend: Bei älteren Menschen mit erhöhtem Demenzrisiko konnte dieser kombinierte Lebensstiltherapieansatz das Nachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsfähigkeiten tatsächlich nicht nur bremsen sondern teils bessern.
Weltweite Verbreitung (WW-FINGERS): Weil das FINGER-Modell so erfolgreich war, wird es jetzt weltweit in über 70 Ländern angepasst und getestet. Dieses Netzwerk heißt „World-Wide FINGERS“ (WW-FINGERS). Man will sehen, ob es in verschiedenen Kulturen und Gesundheitssystemen genauso gut funktioniert und wie man es vielleicht noch verbessern kann. Erste gemeinsame Analysen zeigen zum Beispiel, dass bestimmte genetische Faktoren (wie das ApoE4-Gen) das Ergebnis beeinflussen können und wie gut jemand auf die Maßnahmen anspricht.
Die nächste Generation (MET-FINGER & Präzision): Die Forschung geht aber inzwischen noch weiter. Man versucht jetzt, die Vorbeugung noch wirksamer zu machen:
Was haben wir gelernt und wohin geht die „Reise“?
Fazit für Sie: Die Forschung zeigt eindrucksvoll, dass ein aktiver Lebensstil, der mehrere Bereiche umfasst (u.a. Ernährung, Bewegung, geistige Fitness, Herzgesundheit), das Risiko für Demenzerkrankungen wie Alzheimer senken kann, besonders bei Menschen mit erhöhtem Risiko. Zukünftige Strategien werden wahrscheinlich noch stärker personalisiert sein und auch Medikamente mit einbeziehen. Es gibt also berechtigte Hoffnung und gute Gründe, schon heute auf einen gesunden Lebensstil zu achten!